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Fleischerei Mühlstätter in Matrei: Unterennbar mit dem „Henkele” verbunden.

Es herrscht reger Betrieb am Rauterplatz:
 Auch außerhalb der Wandersaison füllt sich die Fleischerei Mühlstätter mit Kunden. Seit 1899 versorgt der Familienbetrieb Matrei mit Spezialitäten. National bekannt ist ihr Luftgetrocknetes – Fleisch & Co-Autor Roland Graf war zu Besuch im Hort des „Henkele“.

Dem Bestseller der Mühlstätters entgeht man nicht. Das Verkaufslokal duftet selchwürzig danach, denn er hängt unübersehbar an der Seitenwand, füllt Selbstbedienungskörbe und wartet auch an der Fleischtheke auf seine Fans: Das „Henkele“ ist ein Synonym für das Matreier Unternehmen geworden.

Denn nicht nur im eigenen Betrieb, auch am beliebten Lienzer Stadtmarkt findet man die rotbraunen Stücke von Lamm, Hirsch oder Rind jeden Freitag und Samstag. Selten gibt es den Rohschinken sogar von der Gams. Die Osttiroler Räucherspezialität stellt ein Rezept dar, das mittlerweile seit vier Generationen am Rauterplatz in Matrei gepflegt wird. Den fachlichen Ritterschlag dafür gab es zuletzt 2021. Mit der höchstmöglichen Bewertung (50 Punkte) holte das geräucherte Rindfleisch aus Osttirol beim 23. Internationalen Fachwettbewerb für Fleisch- und Wurstwaren in Klagenfurt Gold. Schließlich gab es auch beim 24. IFFW 2023 abermals Gold für das Henkele.

Naturselchen, in denen mit Buchenholz geräuchert wird, sind neben dem idealen Klima für die Lufttrocknung nicht nur für das Henkele die Voraussetzungen. Auch die mit Chili und Knoblauch gewürzten Hartwürste (Alpenchilis) entstehen auf 1.000 Meter Seehöhe nach diesem traditionellen Rezept. Begonnen hat aber alles mit Eduard von Mühlstätter. Sein Adelsprädikat zeigt an, dass die Wurzeln der Fleischerei noch in die k.u.k. Monarchie zurückreichen, als man die heutige Nationalparkgemeinde noch Windisch-Matrei nannte. 1899 wurde der Handwerksbetrieb gegründet, eine andere Tradition startete allerdings erst 1948 – seit damals trägt zumindest ein Firmenchef den Namen Oswald.

Andreas leitet die Produktion am Rauterplatz. © Gsaller Media

Oswald & Andreas Mühlstätter: Jugendlicher Drive zweier Brüder

Bei unserem Besuch im Iseltal ist es also Oswald III bzw. Oswald Mühlstätter junior, der hinter der Fleischtheke steht. Er führt die Geschäfte mit seinem Bruder Andreas zusammen in einer perfekten Symbiose: Andreas leitet die Produktion am Rauterplatz, während sich sein Bruder um Marketing, Verkauf und Administration des sechs Tage in der Woche geöffneten Betriebs kümmert.

Das moderne Geschäft der Mühlstätters teilt sich in zwei Hälften. Neben der klassischen Fleischtheke wartet auch ein lichtdurchfluteter Speiseraum samt kleiner Terrasse, auf dem die Tagesmenüs genossen werden können. Tiroler Knödel in der Rindsuppe (natürlich mit Rübenkraut!) gibt es dabei im „Imbiss Centro“ ebenso wie die beliebten Haustaschen und Wiener Schnitzel.
Für das Unternehmen mit 15 Mitarbeitern stellt der Imbiss-Anteil eine wichtige Ergänzung dar, „dadurch kann eine durchgehende Öffnung gewährleistet werden“. Hungrige Wanderer gibt es im Tourismus-geprägten Nationalpark Hohe Tauern außerdem genug. Zudem sieht man bei der Familie Mühlstätter auch eine gestiegene Nachfrage bei Einheimischen und Touristen, „da wir immer weniger Gaststätten in der Umgebung haben“.

Ein überraschendes Angebot auf der Karte ist auch die Currywurst – nicht unbedingt eine klassische Osttiroler Spezialität, aber: „Sie gehört zu unseren bestgehenden Produkten; die hausgemachte Currysauce wird sehr gut angenommen und sucht regional ihresgleichen.“

„Ossi” (Oswald) kümmert sich um Marketing, Verkauf und Administration. © Roland Graf

Natürliche Produktion als Rezept

„Der Ausbau der Terrasse und des Essbereichs war daher auch eine der ersten Maßnahmen, die nach der Übernahme der Geschäftsführung durch die neue Generation gesetzt wurden. Eva und Oswald Mühlstätter übergaben vor fünf Jahren an ihre Söhne, helfen aber immer noch mit, wo es geht. Dass der in der Meisterschule Landshut ausgebildete Andreas und sein Bruder Oswald früh Verantwortung übernommen haben, folgt ebenfalls einer Mühlstätter-Tradition.

Vater Oswald II führte den Betrieb einst als jüngster Fleischermeister Österreichs. Das war anno 1984, sechs Jahre zuvor hatte er den Meisterbrief in Linz erhalten. Mühlstätter senior war es auch, der den Markenschutz für das Henkele initiierte. Und auch die Weichen für den Selbstbedienungsautomaten, der rund um die Uhr den Einkauf ermöglicht, stellte er bereits 2019. Die Zusammenarbeit der beiden jungen Geschäftsführer, die ihm in diesem Jahr nachfolgten, stellt in Zeiten von Betriebsschließungen und Nachwuchssorgen einen Glücksfall dar. Zumal „Ossi“ Mühlstätter auch Ernährungswissenschaften studiert hat. In die Produktionsprozesse, die Andreas Mühlstätter leitet, mischt er sich nie ein. Dafür unterstützt er „die möglichst natürliche Produktion ohne unnötige Konservierungsstoffe“ in Matrei mit seinem Wissen. Und erklärt die traditionellen Spezialitäten gerne auch den internationalen Kunden. Deshalb sind auch Fleisch-Ersatzprodukte, die nicht ohne Stabilisatoren auskommen, derzeit kein Thema am Rauterplatz: „Meines Erachtens ist der Markt begrenzt und zeigt momentan eher einen Rückgang bzw. Stagnation, wenn man den aktuellen Zahlen glauben darf.“

Fleischerei Mühlstätter: Wild und Lammfleisch als Nische

Eine besondere Spezialität der Gebrüder sind hingegen die Henkele vom Wildfleisch. In Kooperation mit den lokalen Jägern werden Hirsch, Reh und Wildschwein verarbeitet. Allesamt sind sie überregional heiß begehrt, „Wildhenkele gehören in den Feinkosttheken zu unseren Bestsellern“, so Oswald Mühlstätter jun. Während das Osttiroler Wild eine wichtige Schiene der Verarbeitung darstellt, hadert man in Matrei aber mit einem anderen regionalen Klassiker. Schafe gehören traditionell zu den Bewohnern der Osttiroler Almen. Und sie sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Geht es um die Wolle, dann wird ein Drittel (!) der gesamten österreichischen Schur in Innervillgraten verarbeitet. Auch dieses Unternehmen, das heute von Rebecca Schett geführte „Villgrater Natur“, begann mit einem Schafhirten.

Laut der Landwirtschaftskammer leben derzeit rund 19.000 Schafe auf den Osttiroler Almen, einen der bekanntesten Weidegründe stellt die „Hoanzer Alm“ oberhalb von Matrei dar. Traditionell wurde nach der Sommersaison dann auch geschlachtet; zum „Matthiasmarkt“, mit dem der Almabtrieb gefeiert wurde, ist der „Schöpsenbraten“ lokale Tradition. Oder besser: Er war es. „Für den Endkonsumenten ist heimisches Lammfleisch im Gasthaus kaum leistbar“,bedauert Oswald Mühlstätter. Die Zeiten, in denen an einem Herbsttag um die 300 Lämmer geschlachtet wurden, kennt er nur aus Erzählungen. „Durch die momentane Personalsituation und Preissteigerung ist das nicht mehr marktkonform.“

Festivität zum 125-Jahr-Jubiläum

Doch die jungen Chefs in Matrei sind keine Schwarzmaler. Im Gegenteil. Mit der Marke „Alpenbeef“ haben sie im Vorjahr ihren neuen Webshop gestartet. „Mit ihm betreiben wir gezieltes Online-Marketing für den deutschsprachigen Markt.“ Schließlich kennen etliche Gäste – deutsche Wanderer im Nationalpark ebenso wie die Schweizer Fliegenfischer von Isel und Tauernbach – Henkele, Lammwürstel, Alpenchilis und Co. aus ihrem Matrei-Urlaub. Somit bilden auch typische Jausenpakete mit hausgemachten Spezialitäten den Schwerpunkt. Kombiniert mit lokalen Gourmandisen wie Deferegger Senf oder einem Schnapserl vom Schwarzer aus Lienz, wird daraus eine fertige Osttiroler Jause für zu Hause.
Dieser professionelle Webshop (www.alpenbeef.at), der während der Coronazeiten modernisiert wurde, zeugt von der Aufbruchstimmung am Rande Österreichs. Er werde auch gut angenommen, freut man sich in Matrei. Zudem haben Kunden seit zwei Jahren die Möglichkeit, die Produkte im 24/7-Genussladen über eine Selbstbedienungskasse zu beziehen. Vor allem aber bereiten die Brüder gerade die Feier zum 125-jährigen Bestehen der Fleischerei vor. Sie soll im Sommer stattfinden. Natürlich „vor Ort“, wie Andreas und Oswald sagen. Eben genau dort, wo „der Mühlstätter“ seit eh und je mit viel Leidenschaft für großen Genuss sorgt!

So sieht ein köstlicher „Henkele” geschnitten aus. © Gsaller Media

Und was ist denn eigentlich ein „Henkele“?

Ein Henkele stammt in der Regel von einem Teil des Schlögls, beim Rind ist es das Weiße Scherzel.
Seinen Namen verdankt diese Osttiroler Räucherspezialität dem Aufhängen der geselchten Fleischstücke.

Das „Hängende“ kennt man aber nur in Teilen Kärntens und Tirols unter dieser Bezeichnung. Traditionell wird das gewürzte Fleisch (meist Rind, aber auch Lamm-, Hirsch-, Gams- und Wildschwein-Henkele gibt es) kurz geselcht. Der Buchenholz-Räucherung folgt eine Klimatrocknung, die bis zu drei Monate dauert.

„Beim Henkele haben wir daher einen Trockenverlust von 40 Prozent“, rechnen die Brüder Mühlstätter vor. Es ist dieser hohe Trockenverlust, der den intensiven Geschmack der Spezialität bewirkt. 1989 ließ sich die Fleischhauerei Mühlstätter Henkele als Word-Bild-Marke schützen. In Tirol wird das geschnittene Rindfleisch in praktischen Packungen (80 Gramm) als „Henkele“ angeboten, während Andreas und Oswald Mühlstätter jun. allen Kunden in Ostösterreich das Trockenfleisch als „Alpenbeef“ anbieten. Nach eigenen Angaben ist man damit Österreichs Marktführer bei Rinderrohschinken.

Autor: Roland Graf

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